Von 1988 bis 1993 war ich Leiter der Erich Kästner-Schule, einer Schule für Lernhilfe in Ortenberg-Konradsdorf. Ich wohnte damals in Karben, später in Altenstadt und zuletzt ein Jahr in Glauburg-Stockheim. Alle Orte liegen in der Wetterau und sind von Frankfurt aus gut zu erreichen. Was lag also näher, als an diesem sonnigen Septembertag eine kleine Wetterau-Radtour zu unternehmen?


Mein erstes Ziel war Bad Vilbel. Gerti Menner ist eine Bekannte aus alten Zeiten. Anfang der Neunzigerjahre unternahmen wir zusammen mit ein paar anderen Leuten eine Fahrt durch die Cevennen, an die ich gern zurückdenke. Ich hatte jahrelang nichts von Gerti gehört und wollte sie gerne besuchen. Allerdings wusste ich nicht, ob sie überhaupt noch lebte; denn sie wäre inzwischen 90 Jahre alt. In der Berliner Straße fand ich zwar das Haus, in dem sie gewohnt hatte, aber auch ein verwildertes Grundstück. Zum Glück wusste eine Nachbarin, dass Gerti in einem Pflegeheim auf dem Heilsberg untergebracht war. Und dort traf ich sie. Ich durfte trotz Covid-19 das Haus und Gertis Zimmer betreten, obwohl offiziell keine Besuchszeit war. Leider war der Besuch von kurzer Dauer. Gerti lag in ihrem Bett und war nur bedingt ansprechbar. Sie reagierte zwar auf meine Impulse; ich bin mir aber nicht sicher, dass sie mich erkannte.


Auf der Warte 64, das war meine Anschrift in Karben. Aber 2021 ist nicht 1988; deshalb fiel es mir schwer, das Haus, in dem ich gewohnt hatte, auszumachen. Die Ortsteile Groß-Karben, Klein-Karben und Okarben sind in den Jahren zusammengewachsen, und nichts sah mehr so aus wie vor über dreißig Jahren.


Hingegen hatte ich kein Problem, die Straße von Karben nach Heldenbergen zu finden, wo ich im Fitness-Center dereinst trainierte. Ich war gespannt, ob es noch existierte und fand es am selben Ort vor. Es war geöffnet, weshalb ich die Gelegenheit nutzte, Andreas Dietz, den Besitzer, zu begrüßen.


Bad Vilbel liegt an der Nidda, einem Nebenfluss des Mains. Heldenbergen liegt an der Nidder, einem Nebenfluss der Nidda. Durch das Niddertal fuhr ich auf einem gut ausgebauten Radweg über Eichen und Höchst nach Altenstadt, wo ich von 1990 bis 1992 wohnte: Zum Kerlesgrund 8. Die Kirche ist noch da, wo sie mal war und die B 521 geht immer noch mitten durch den Ort. Ob es an der Straße nach Stammheim einen Golfplatz gibt, weiß ich nicht. Als ein paar Mitstreiterinnen und ich Anfang der Neunzigerjahre in Altenstadt eine Ortsgruppe der Grünen gründeten, war uns die Planung eines Golfplatzes ein Dorn im Auge, und ihn zu verhindern, wurde eine politische Aufgabe. Gerne hätte ich Annelie Zak besucht, die lange für die Grünen im Gemeinderat und auf Kreisebene politisch tätig war. Wegen eines kürzlich unterzogenen medizinischen Eingriffs musste es aber bei einem Telefongespräch bleiben.


Mein nächstes Ziel war Konradsdorf. Viel hat sich auf dem Schulgelände nicht verändert, nur dass die Erich Kästner-Schule nicht mehr in einem Trakt der Gesamtschule untergebracht ist, sondern seit einigen Jahren über ein eigenes Gebäude verfügt. Meine Jahre als Leiter der Sonderschule waren ereignisreich, aber in vieler Hinsicht schwierig. Allerdings erinnere ich mich gerne an Unternehmungen, die ich zusammen mit den Kindern und ihren Eltern machte.


Nach einem Abstecher nach Ortenberg fuhr ich über Effolderbach durch für die Wetterau typische Streuobstwiesen zum Bahnhof Stockheim (71 km) und von dort mit der Bahn nach Frankfurt zurück. Im Frühling beeindrucken die Apfelbäume, wenn sie in voller Blütenpracht stehen. Im Herbst tragen sie köstliche Äpfel aller erdenklicher Sorten, darunter saure Äpfel, die bei der Herstellung des Apfelweins eine wichtige Rolle spielen.